In einer Welt voller Ablenkung und Hektik ist es für Kinder wichtiger denn je, dass Eltern ihnen die volle Aufmerksamkeit schenken, die sie verdienen. Doch wie gelingt es uns, neben dem Dauerprojekt Haushalt, einer 40-Stunden-Woche und drei anderen Geschwistern wirklich zuzuhören und unsere Kinder zu unterstützen? Die magische Lösung lautet: Aktives Zuhören.
Klingt erstmal simpel, zeigt aber nachhaltige Effekte. Vielleicht ertappt ihr euch gerade selbst und denkt an Alltagssituationen zurück, die ihr rückblickend betrachtet hättet anders lösen können.
Don’t worry – Aktives Zuhören kann man nämlich trainieren und ihr könnt gleich heute damit starten!
Was versteht man unter aktivem Zuhören?
Aktives Zuhören bedeutet, dass wir unserem Kind mit voller Aufmerksamkeit und ehrlichem Interesse begegnen. Die wertvolle Kommunikationsmethode ist der Schlüssel zu einer vertrauensvollen Beziehung zwischen Eltern und Kindern und stärkt sie in ihrer Entwicklung. Bereits Carl Rogers, ein renommierter Psychologe des 20. Jahrhunderts und Begründer der personenzentrierten Gesprächstherapie, hat sich mit der Bedeutung von Empathie und Wertschätzung beschäftigt. Aktives Zuhören nach Rogers bedeutet, dem Sprecher mit offener, vorurteilsfreier und empathischer Aufmerksamkeit zu begegnen, um seine Gefühle und Gedanken nachzuempfinden, ohne zu bewerten oder Ratschläge zu geben. Unsere Challenge ist, die Perspektive unseres Kindes bestmöglich nachzuvollziehen und es zu ermutigen, seine eigenen Lösungen für Probleme zu finden.
Warum ist aktives Zuhören so wichtig für Kinder?
Im Gegensatz zum passiven Zuhören konzentrieren wir uns dabei nicht nur auf die gesprochenen Worte, sondern beziehen auch die Körpersprache, Mimik, Gestik und den Tonfall mit ein. Durch gezieltes Nachfragen und das Paraphrasieren des Gesagten signalisieren wir unserem Kind, dass wir es verstehen und wertschätzen. So fühlt es sich ernstgenommen und öffnet sich leichter für ein vertrauensvolles Gespräch. Eigentlich gar nicht so schwierig, oder? Man muss sich nur immer wieder daran erinnern.
Kinder haben ein natürliches Bedürfnis danach, verstanden zu werden. Durch ehrliches Interesse vermitteln wir unserem Kind, dass seine Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse uns wichtig sind und genauso viel Beachtung verdienen wie die der anderen Familienmitglieder. Unser Sprössling fühlt sich dadurch angenommen und entwickelt ein gesundes Selbstvertrauen, wodurch er seine Emotionen besser versteht und ausdrücken kann. Da es uns im Erwachsenenalter nicht anders geht, können wir bereits davon ausgehen, dass eine Atmosphäre des Vertrauens und der Geborgenheit für unsere Kinder elementar ist.
Die Grundprinzipien des aktiven Zuhörens
Um unserem Kind aktiv zuzuhören, gibt es einige wichtige Grundprinzipien zu beachten:
1. Volle Aufmerksamkeit schenken:
Nehmt euch bewusst Zeit für euer Kind und lasst euch nicht durch äußere Reize ablenken. Schaltet euer Handy, Fernseher und andere Störquellen aus und konzentriert euch ganz auf das Gespräch.
2. Blickkontakt halten:
Sucht den Blickkontakt zu eurem Kind und haltet ihn während des Gesprächs. So signalisiert ihr Interesse und Offenheit.
3. Körpersprache beachten:
Achtet auf eure eigene Körpersprache und die eures Kindes. Eine zugewandte Haltung, ein freundlicher Gesichtsausdruck und eine offene Gestik vermitteln Wertschätzung und Verständnis.
4. Geduldig sein:
Lasst eurem Kind Zeit, seine Gedanken und Gefühle auszudrücken. Unterbrecht es nicht und drängt es nicht zur Eile. Pausen und Stille gehören zu einem guten Gespräch dazu.
5. Nachfragen und paraphrasieren:
Stellt offene Fragen, die euer Kind zum Erzählen ermutigen. Fasst das Gesagte in eigenen Worten zusammen, um sicherzustellen, dass ihr euer Kind richtig verstanden habt.
6. Keine voreiligen Ratschläge:
Widersteht dem Drang, sofort Lösungen anzubieten oder euer Kind zu belehren. Hört zunächst einfach nur zu und gebt eurem Kind die Möglichkeit, selbst Antworten zu finden.
Aktives Zuhören im Familienalltag anwenden
Kinder stellen uns als Eltern oft auf die Probe und fordern unsere volle Aufmerksamkeit.
Wir haben euch ein paar praktische Tipps zusammengestellt, die ihr kinderleicht in euren Familienalltag einbinden könnt:
- Rituale schaffen: Etabliert feste Zeiten für Gespräche, z.B. beim gemeinsamen Abendessen oder vor dem Schlafengehen. So weiß euer Kind, dass es immer Gelegenheit hat, mit euch zu reden.
- Auf Signale achten: Kinder zeigen oft durch ihr Verhalten, dass sie das Bedürfnis haben, zu reden. Seid aufmerksam für diese Signale und nehmt euch Zeit für ein Gespräch, auch wenn es gerade nicht passt.
- Eigene Gefühle zeigen: Erzählt eurem Kind auch von euren eigenen Erlebnissen und Gefühlen. So lernt es, dass es normal ist, über Emotionen zu sprechen und schafft Vertrauen.
- Gesprächsregeln vereinbaren: Besprecht mit eurem Kind Regeln für respektvolle Gespräche, z.B. einander ausreden lassen, keine Beleidigungen, aufeinander hören. So lernt es wichtige Gesprächskompetenzen.
- Zum Zuhören ermutigen: Ermutigt euer Kind auch dazu, anderen Menschen aktiv zuzuhören. Lobt es, wenn es Interesse an den Erzählungen anderer zeigt und nachfragt. So entwickelt es Empathie.
Grenzen des aktiven Zuhörens erkennen
Bewusste Verhaltensänderungen wie den Vorsatz, unserem Kind von nun an bewusster zuzuhören, brauchen Zeit, um sich dauerhaft in unseren Routinen zu verankern. Es erfordert Geduld und Übung, um die Methode zu verinnerlichen und im Alltag korrekt anzuwenden. Aber es lohnt sich, dranzubleiben. Denn indem wir unserem Kind aufmerksam und wohlwollend zuhören, schenken wir ihm das kostbarste Gut: liebevolle Aufmerksamkeit und ehrliches Interesse. So helfen wir ihm, sich zu einer starken Persönlichkeit zu entwickeln und befähigen es, selbst ein guter Zuhörer zu werden – eine Fähigkeit, von der es ein Leben lang profitieren wird.
Doch auch hier ist ein wachsames Auge gefragt: Aktives Zuhören ist ein wertvolles Instrument, um unsere Kinder zu unterstützen und die Beziehung zu stärken. Aber es ist kein Allheilmittel. Manchmal stoßen wir an Grenzen, z.B. wenn ein Kind nicht reden möchte, das Thema unsere eigenen Kompetenzen übersteigt oder professionelle Hilfe nötig ist.
Hier ist es wichtig, die Grenzen zu akzeptieren und sich gegebenenfalls Unterstützung zu holen, etwa durch Gespräche mit dem anderen Elternteil, Erziehern oder Beratungsstellen.